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Stadtplanung Parchim in den 1980er Jahren, Teil 4.1: Parchim, Innerstädtische Wohnungsbaukonzeption Wockerstrasse

Neben den Bauakten zu Wohnhäusern bewahrt das Kreisarchiv Ludwigslust-Parchim auch Unterlagen zu größeren Projekten auf. Vier Akten aus den frühen 1980er Jahren bieten sich hier als Beispiel an, denn diese Projekte planten verschiedenste Gebiete der Stadt Parchim neu. Diese Planung umfasste unter anderem Umbauten, Modernisierungen und Neubauten. Aber auch Farbkonzeptionen liegen einer Akte bei, mitsamt Farbbeispielen.

In den letzten Monaten betrachteten wir die ersten drei Akten:

  1. Weiterführung der Generalbebauungsplanung im Zeitraum 1981 – 1985, Parchim, Bezirk Schwerin, Teil 2: Langfristige Standortkonzeption des komplexen Wohnungsbaus 1986 – 1995
  2. Standortkonzeption Wohnungsbau 1986…90 Parchim
  3. Farbkonzeption Parchim Karl-Marx-Strasse (heute Putlitzer Str.)

Und heute betrachten wir die erste Hälfte der vierten und letzten Akte, die ungefähr einen Zeitraum von 1984 bis 1986 umfasst:

4.    Parchim Innerstädtische Wohnungsbaukonzeption Wockerstrasse

Schlagen wir diese Akte auf, blickt uns zuerst eine weitere, gelbe Mappe entgegen. Dem Titel ist zu entnehmen, dass es sich um die technische Planung zur Umgestaltung der Wockerstraße handelt. Zumindest, soweit der Inhalt auch heute noch dem Titel entspricht.

Unten rechts auf der Mappe findet sich eine handgeschriebene Unterteilung des Inhalts:

-       Erläuterung
-       Bedarfsermittlung
-       Unterlagen
-       Protokolle

Manchmal sind Handschriften in Akten gar nicht so leicht zu entziffern, obwohl es sich nicht um die altdeutsche Handschrift handelt. Diese ist aber trotz die kleinen „A“s die eher wie kleines „E“s aussehen leserlich.

Als nächstes sehen wir einen undatierten Lageplan der Wockerstraße. Auf diesem sind die geplanten Umbauten mit Bleistift eingezeichnet. Es handelt sich um mindestens fünf separate Bauvorhaben, von denen zwei nach größeren Wohnblöcken aussehen.

Ein paar Seiten später liegt ein weiterer, fast identischer Lageplan. Diesmal sind die Gebäude wie der Rest der Karte richtig eingefügt und nicht mit Bleisteift eingezeichnet. Eingezeichnet wurden dafür in rot und blau vorhandene und neu zu verlegende… Nun, was genau hier zu verlegen war, wurde nicht genau definiert. Möglich wären zum Beispiel Leitungen für Wasser oder Strom.

Interessant ist auch die Ansichtszeichnung eines Wohnhauses, bei dem es sich wohl um einen der geplanten Blöcke handelt. Es befinden sich allerdings keine weiteren Schriftstücke oder Zeichnungen in dieser Akte, die dieser Zeichnung direkt zugeordnet werden könnten. Indirekt liegt eine Perspektivzeichnung, bei der es sich um dieselbe Straßenecke handeln könnte, weiter hinten in der Akte. Die Zeichnungen scheinen zumindest dieselbe Häuserfront zu zeigen, wobei die Perspektivskizze auch noch die anliegende Häuserseite (um die Ecke) zeigt. Mitsamt Bepflanzung, Straßenlauf und skizzierten Personen wirkt diese zweite Skizze deutlich lebendiger.

Es folgen drei handschriftlich verfasste Seiten: Eine Grobkostenermittlung vom 31.05.1984, die allerdings mit Vermerk vom 05.09.1984 bereits nicht mehr aktuell war, und zwei Seiten, die als „-9-“ und „-10-“ nummeriert wurden. Die vorigen Seiten, und möglicherweise folgende, scheinen zu fehlen. Diese beiden Seiten behandeln unter Punkt 3.4 „Stadttechnische Konzeption“ die Versorgung mit verschiedensten Gütern, wie Wärme, Gas, Elektroenergie und Wasser. Wobei bei der Wasserversorgung natürlich auch die Wasserentsorgung beachtet wurde. Die Beschreibung der Wärmeversorgung fasst sich, im Vergleich zu den anderen, detailreicher beschriebenen Punkten, kurz und schmerzlos: „Die Wärmeversorgung erfolgt über Ofenheizung.“

Als letztes wurde auf Seite 10 noch die Fernmeldetechnische Erschließung kommentiert:

„Zurzeit bestehen für den Bereich Wockerstraße Anschlußmöglichkeiten im ganz geringen Umfang. Erweiterungen des Fernsprechnetzes werden erforderlich und sind vom Auftraggeber rechtzeitig anzumelden.“ Die Handschrift ist hier leider nicht mehr so einfach zu lesen.

Ein paar Seiten später finden wir weitere Lagepläne in der Mappe. Beide sind auf den 17.05.1984 datiert und auch auf diesen sind die geplanten Gebäude eingezeichnet. Die beiden Pläne unterscheiden sich in kleineren Details, zum Beispiel wurden verschiedene bestehende Gebäude entfernt, um Platz für die neuen zu schaffen.

Übersicht der geplanten Bauarbeiten

Insgesamt sind 63 neue und/oder modernisierte Wohneinheiten geplant. Dabei handelte es sich um zwei große Blöcke mit jeweils 20 und 22 Wohneinheiten, zwei kleinere Gebäude mit zusammen 14 Wohneinheiten, einem Haus mit sechs Wohneinheiten und einem Haus für vermutlich eine Familie.

Bei den beiden Blöcken handelt es sich um Neubauten. Bei den anderen Gebäuden lässt sich zwar nicht mit Sicherheit sagen, welche saniert und welche neu gebaut wurden, doch gibt ein Zettel mit Notizen zu den geplanten Arbeiten eine Seite weiter Hinweise: 40 bis 60 Wohneinheiten sollen neu gebaut werden, sechs modernisiert und zehn bis 14 instandgesetzt.

Demnach handelt es sich wohl bei dem Haus mit sechs Wohneinheiten um ein Modernisierungsvorhaben und bei den beiden Gebäuden mit zusammen 14 Wohneinheiten um ein Instandsetzungsvorhaben.

Außerdem sollte ein Café und dessen Umgebung neu und umgebaut werden, doch dazu später mehr.

Ein Plan vom 14.09.1984 zeigt die geplanten Veränderungen deutlich detailreicher als die Lagepläne zuvor: Neben weiteren Informationen zu den zuvor erwähnten Gebäuden wurden hier auch Änderungen zu weiteren Gebäuden geplant. Außerdem sind die Außenbereiche „dekoriert“, sprich Pflanzen, Pflaster, Wäschetrockenplätze und weiteres wurden eingezeichnet.

Erläuterungsbericht

Die nächste Mappe wurde etwas organisierter angelegt und ist ebenfalls auf den 14.09.1984 datiert. Nach einer Aufzählung der bei der Planung beteiligten Personen folgt ein Inhaltsverzeichnis, in dem auch die Karten und Pläne aufgeführt wurden.

Der Erläuterungsbericht beginnt mit „1.0 Einordnung des Vorhabens“:

„Der Standort Wockerstraße ist Teil der längerfristigen Wohnungsbaukonzeption der Stadt Parchim zur Realisierung der Zielstellungen des Wohnungsbauprogramms bis 1990. Seine besondere Bedeutung ergibt sich aus seiner Lage und Funktion im Altstadtkern als wichtiger Eingangsbereich und Endpunkt der Fußgänger- und Einkaufszone in Verbindung mit dem Museum der Stadt Parchim.“

Auf Seite 5 finden wir unter Punkt „3.5 Stadttechnik“ auch die Wasserversorgung wieder, die zuvor auf den zwei losen Seiten 9 und 10 unter Punkt 3.4 beschrieben wurde. Die Planung hat sich allerdings etwas verändert und wurde detailreicher beschrieben.

Auch die Freiraumgestaltung wurde nicht außer Acht gelassen: Die geringe Fläche habe eine rationelle Gestaltung erforderlich gemacht, wobei ein Augenmerk daraufgelegt werden sollte, befestigte Flächen zu minimieren. Der Grünanteil sollte im Vergleich zu anderen Hofräumen erhöht werden, da diese als „stark überbaut“ beschrieben wurden. Dazu wurden Grasflächen, Sträucher und Bäume eingeplant.

Gestaltungsziele für den Bereich des Heimatmuseums und angrenzender Fußgänger- und Einkaufszone waren folgende:

-        „Schaffung einer größeren, geschlossenen und intensiv begrünten Fläche zur Aufwertung und Betonung des Platzes
-        Einordnung von kleinen Bäumen unter Beachtung der stadttechnischen Leitungstrassen, der Fassade des Heimatmuseums und zur Brechung durchgängiger Sichtbeziehungen bei gleichzeitiger optischer Führung
-        Gliederung der befestigten Flächen durch den Wechsel von Plattenbelag und Pflaster und durch kleine Niveauunterschiede
-        Einordnung von Sitzmöglichkeiten
-        Gewährleistung der Durchfahrtsmöglichkeit“

Wichtig für die geplanten Maßnahmen waren natürlich auch die Eigentumsverhältnisse, schließlich konnte nicht einfach auf einem Grundstück gebaut werden, das noch einer Privatperson gehörte. Dafür wurde eine Tabelle angelegt, die aufzeigte, welche Grundstücke (Anhand von Flur und Flurstück) sich in welchem Eigentum befanden.

Hierbei handelte es sich entweder um Privatpersonen, oder die Grundstücke befanden sich im „Eigentum des Volkes“, wobei weiter nach Rechtsträgern unterteilt wurde, zum Beispiel der Rat der Stadt oder der „VEB Gebäudewirtschaft Parchim“. Bei einem Grundstück sollte beispielsweise das Einverständnis des Eigentümers eingeholt werden.

Dies soll für diesen Monat genügen. Im nächsten geht es mit dem zweiten Teil der Akte weiter. Dabei sind vor allem die Planung eines Cafés und ein Architekturwettbewerb für die geplanten Baumaßnahmen in der Wockerstraße interessant.

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01.07.2024